The Who’s – Tommy im Deutschen Theater München
Nach langem überlegen entschied ich mich kurzfristig dazu, mal wieder das Theater zu besuchen. Wo ich schon in der Großstadt München mit seinen vielen Bühnen und Veranstaltungen wohne, sollte ich dies natürlich auch mal ausnutzen. Auslöser dafür war ein Plakat an einer Litfaßsäule in der Nähe meiner Wohnung, auf der eine Aufführung des Rock-Musicals Tommy der legendären britischen Gruppe The Who im hiesigen Deutschen Theater angepriesen wurde.
Einige Zeit haderte ich mit mir ob ich nun hingehen sollte oder nicht. Ich hatte vor ewigen Zeiten mal einen Teil der Verfilmung von 1975 mit Größen wie Oliver Reed, Elton John, Tina Turner, Eric Clapton, Pete Townsend, Roger Entwistle und Jack Nicholson (um nur einige zu nennen) gesehen, aber es Live auf der Bühne zu erleben war natürlich etwas noch besseres. Nachdem ich mich abgesichert hatte dass man das Ganze nicht auf Deutsch übersetzt hatte – was ich bei Musicals in vielen Fällen ganz schrecklich finde – bestellte ich schließlich online meine Karte, natürlich im Parkett und so weit vorne wie möglich zum Preis von 49 Euro plus einem Euro Buchungsgebühr und ließ sie an der Abendkasse hinterlegen. Die Entscheidung fiel dabei wirklich auf den letzten Drücker, denn heute war laut Spielplan auch gleich die letzte Aufführung dieses Stücks.
Da das Hauptgebäude des Deutschen Theaters hier in der Münchner Innenstadt aktuell saniert wird, fand die Veranstaltung in der Zeltstadt im Münchner Stadtteil Fröttmaning südlich der Allianz-Arena statt. Diese erreicht man entweder über die U-Bahn Linie U6 oder mit dem Wagen über die Autobahn A9. Wer mit dem Wagen anreist wie ich es tat sollte dann noch 2 Euro Parkgebühr mit einberechnen. Nachdem ich den Wagen abgestellt hatte, machte ich mich auf den Weg vom Parkplatz auf die andere Seite der Zeltstadt wo sich der Haupteingang befand. Gleich rechts des Eingangs fand sich dann auch gleich die Abendkasse, wo ich mich in die glücklicherweise kurze Schlange einreihte und weniger später meine Karte in den Händen hielt.
Nachdem ich mich ein wenig im Foyer umgesehen hatte, war es auch schon an der Zeit mich auf den Weg in das Hauptzelt mit dem eigentlichen Theater und der Bühne zu machen. Der Platz war schnell gefunden und wie sich herausstellte waren die Sitzreihen angenehm steil angeordnet, so dass auch ein großer Gast in den Reihen vor mir nicht die Sicht blockieren würde. Fotografieren und Filmen war innerhalb des Theaters natürlich wie üblich verboten, daher muss ich hier leider auf Bilder verzichten. Mit insgesamt drei Gongschlägen im Abstand von einigen Minuten wurden schließlich auch die letzten Gäste in das gut gefüllte Theater gerufen und die Show konnte beginnen.
Erzählt wird die Geschichte von Tommy Walker. Als sein im zweiten Weltkrieg als verschollen geltender Vater heimkehrt, findet er seine Frau mit einem Liebhaber vor und tötet diesen im Streit vor den Augen des Kindes. (Im Film wurde dies übrigens umgedreht und der Vater wurde getötet.) Dieses einschneidende Erlebnis führt dazu, dass Tommy fortan blind, taub und stumm zu sein scheint (deaf, dumb and blind) und sich dabei in Wirklichkeit aufgrund des erlebten „nur“ in seine eigene Welt zurückgezogen hat. Diese Isolation wird durch Misshandlung seines Onkels und seines Cousins und obskure Heilversuche zum Beispiel durch eine Zigeunerin (Acid Queen – im Film von Tina Turner dargestellt) noch verstärkt. Einzig beim Flipper (Pinball) spielen scheint er seine Erfüllung zu finden und entwickelt sich schnell zum besten Spieler der Welt. Das zu dieser Szene gehörende Stück, nämlich Pinball Wizard, ist wohl auch das bekannteste des ganzen Musicals. Erst als sein Spiegelbild zerbricht eignes Spiegelbild zerbricht – eine sehr bildhafte Beschreibung, die aber im Stück sehr passend in Szene gesetzt wird – kann er seiner persönlichen Isolation entkommen und beginnt wieder zu sprechen und mit seiner Umgebung zu interagieren. Einige seiner Verwandten, besonders sein Onkel und sein Cousin, versuchen diese Entwicklung auszunutzen und ihn zu einer Art Messias zu stilisieren, wogegen er sich jedoch nach anfänglicher Mitarbeit schließlich widersetzt und somit viele seiner zuvor gewonnen Anhänger wieder verliert, aber schließlich seine große Liebe findet.
Die hier in München gezeigte Aufführung entsprach meines Kenntnisstandes nach ziemlich genau der Inszenierung die Pete Townsend zusammen mit dem Produzenten Des McAnuff im Jahre 1992 entwickelt hatte. Alle davor gestarteten Versuche, die Tommy-Geschichte in ein Musical zu packen waren gescheitert. Und ich fand das Stück einfach nur fantastisch, eine Meinung die ich wohl mit den anderen Gästen teilte denn nach Ende des Stückes mussten die Schauspieler bei Jubel und Standing Ovations gleich vier Mal erneut auf der Bühne erscheinen. Dabei sei noch erwähnt das hier auch zwei Minderjährige mitspielten, die Tommy als kleineres und größeres Kind verkörperten. Sehr schön fand ich auch die Gesichtsmaske die Augen, Nase, Mund und Ohren bedeckte und so bildlich Tommys Zustand darstellte. Ein durchgehend gelungenes Stück, dessen Besuch ich absolut nicht bereute und das eindeutig Lust auf mehr macht. So läuft im Juni das Stück Avenue Q, ein mit Handpuppen aufgeführtes Stück, dessen berühmtestes Stück wohl der Song The Internet is for porn ist. Außerdem läuft im Juli Hairspray. Na mal schauen, ich hoffe ich finde bald mal wieder Gelegenheit ein so lohnendes Stück wie das heute gesehene Tommy zu besuchen.