Nachtbus nach Münster [03. – 04.07.2022]
Nach zwei Jahren Abstinenz aufgrund der Corona-Krise war es nun mal wieder soweit: Ich würde meine Wohnung endlich mal wieder für eine längere Zeit verlassen und auf eine Geschäftsreise gehen. Es sollte nach Münster im schönen Westfalen gehen. Doch dort hin zu kommen sollte sich als gar nicht mal so einfach erweisen. – ich musste die Reise selbst finanzieren, Gründe will ich hier nicht näher erläutern. Gut, das einfachste wäre es vom Münchner Flughafen aus nach Köln/Bonn oder Münster/Osnabrück zu fliegen, doch die Preise für Flüge sind – ebenfalls dank Corona – inzwischen erheblich gestiegen. Vor der Pandemie wäre ich noch für unter 100 Euro hin und zurück gekommen, doch inzwischen liegen die Preise bedeutend höher (Suchergebnis ist nach günstigster Flug zuerst sortiert):
😳
Vielleicht hätte ich einen Flug mit 2-3 Mal umsteigen in Rom, Bukarest und Paris für weniger Geld finden können der dann 16 Stunden dauert, 😉 aber Direktflüge auf dieser Strecke sind Flüge derzeit dank steigender Kerosinpreise und vieler anderer Gründe die auch mit Corona zu tun haben nicht wirklich erschwinglich. Und alleine mit dem privaten Auto hatte ich auch keine Lust zu fahren. Wäre noch die Bahn, bei der die Fahrt ca. 9 Stunden dauert, aber auch da sind die Preise ziemlich gesalzen.
Hier wäre dann noch das 9-Euro-Ticket eine Alternative gewesen, doch da dieses die Nutzung in ICE, IC, RE und Interrail-Zügen ausschließt wäre ich mit Bummelzügen auf Nebenstrecken da knapp 20 Stunden mit 4-5 Stunden Aufenthalt in der Nacht am Frankfurter Hauptbahnhof unterwegs gewesen. Da hatte ich auch wenig Lust drauf. Also kam ich auf die Idee mit dem Nachtbus dorthin zu fahren. Da ich das letzte Mal in der Dominikanischen Republik Bus eine längere Strecke mit de Bus gefahren war ich mich mit den Anbietern hier nicht auskenne schaute ich spontan mal bei Flixbus und war positiv über den Preis überrascht:
Das wäre der Preis für eine Fahrt inklusive ein Stück Handgepäck und einen Koffer bis 20kg, also würde mich Hin- und Rückreise mit diesem Verkehrsmittel gerade mal etwas mehr als 70 Euro kosten und ob ich nun neun Stunden in der Bahn oder 11 Stunden im Bus setzte gibt sich meiner Meinung nach nicht viel. Den Nachteil dass Flixbus meist nicht zentral am Hauptbahnhof hält nah ich dabei billigend in Kauf und hoffte im Bus auch etwas schlafen zu können. Bei dem günstigen Preis gönnte ich mir sogar noch eine Sitzplatzreservierung eines Panorama-Sitzes im Obergeschoss ganz vorne, die zusätzlich 4,99 Euro kosten sollte (normale Sitzplatzreservierung: 2,99 Euro). Zusätzlich hätte ich noch für 26,99 Euro den Nebensitz gleich mit reservieren können damit ich Platz hatte, aber das war mir dann doch zu teuer. Also bestellte ich mir ein Ticket samt Sitzplatzreservierung, lud es mir digital in die zugehörige Handy-App und war damit schon fertig mit meiner Reisebuchung. Am Freitag ließ ich mir außerdem sicherheitshalber noch mal eine Booster-Impfung gegen Corona verpassen, man weiß ja nie…
Die Reise sollte am Sonntag um 20:35 Uhr im Münchner Zentralen Omnibus Bahnhof (ZOB) starten, der von der S-Bahn Haltestelle Hackerbrücke direkt nach dem Hauptbahnhof einfach zu erreichen ist – für mich war dies eine Fahrt von nicht einmal 30 Minuten und da ich mir das 9-Euro-Ticket für Juli besorgt hatte sollten mich auch keine Tickets für den Nahverkehr weder hier in München noch in Münster kümmern müssen. Aber da ich dem ÖPNV nicht so recht traue und man nie weiß ob es nicht wieder auf der Münchner Stammstrecke eine Störung gibt machte ich mich erheblich früher auf den Weg und kam bereits vor 20:00 Uhr am Münchner ZOB an.
Da ich keinerlei Erfahrung mit Bus-Fernreisen in Deutschland hatte musste ich mich erst einmal orientieren.
Nach kurze Umsehen fand ich aber auch schon eine digitale Anzeigetafel die mir zeigte dass der Bus mit dem ich fahren wollte von der Haltebucht 11 abfahren sollte.
Der Bus kam mit etwa fünf Minuten Verspätung, was aber noch akzeptabel war. Kurz wurde der Code des digitalen Tickers vom Handydisplay gescannt, Ausweis wurde entgegen der Angaben auf der Webseite nicht kontrolliert, dann konnte ich meinen Koffer abgeben und mich zum reservierten Sitzplatz begeben. Dort saßen zwar schon zwei Jugendliche die Spanisch sprachen, aber sie ließen sich ohne Diskussion von dort vertreiben als ich auf meine Reservierung hinwies. Und der Nebenplatz blieb glücklicherweise während der ganzen Fahrt frei, so dass ich die ganze Fahrt über viel Platz haben sollte. Gut dass ich mir das Geld dafür gespart hatte. 😉
Gerade als wir abfahren wollte lief noch eine Nachzüglerin heran und der Bus stoppte noch einmal kurz um auch sie mitzunehmen, dann aber ging es endlich los. Offiziell hatte es in den Hinweisen zur Fahrt gehießen dass man, wie auch in öffentlichen Verkehrsmittel, die ganze Fahrt über eine FFP-2 Maske tragen solle, aber das tat niemand, nicht einmal die Fahrer, daher verzichtete ich auch – zumal der Platz neben mir und die beiden Sitzbänke hinter mir frei waren und auch auf dem anderen Panorama-Doppelplatz auf der gegenüberliegenden Seite nur ein einzelner Fahrgast saß. War im Nachhinein gesehen vielleicht etwas unvernünftig, aber ich bin das Wagnis eingegangen. Zumal die Klimaanlage im Bus trotz der hohen Temperaturen leider nur mässig bis gar nicht funktionierte. 😕
Die Fahrt sollte über 8 Haltestellen bis Münster gehen:
- Augsburg (P+R Oberhausen Nord)
- Stuttgart Vaihingen (S-Bahnhof)
- Stuttgart Zuffenhausen (ZOB)
- Heilbronn Hauptbahnhof
- Darmstadt Hauptbahnhof
- Frankfurt (Main) Hauptbahnhof
- Hagen Bahnhof
- Dortmund ZOB
- Münster ZOB Hafenstraße
Jeder Platz verfügt außerdem über einen Drei-Punkte-Gurt und es wird darauf hingewiesen man solle doch bitte über die ganze Fahrt angeschnallt bleiben. Aber auch hier hielt sich kaum jemand daran und ich habe es zumindest am Anfang versucht, aber als ich schlafen wollte darauf verzichtet. Versicherungstechnisch nicht die klügste Wahl, aber die Fahrer lenkten den Bus zügig aber ohne unsinnige Risiken einzugehen, daher fühlte ich mich einigermaßen sicher. Außerdem gibt es kostenloses WLAN im Bus und sogar eine Flix-Mediathek mit einigen relativ aktuellen Filmen, Serien und Hörbüchern. Doch mir war mehr nach schlafen, denn ich wollte einigermaßen fit sein wenn ich ankomme. Daher hatte ich mir in weiser Voraussicht auch gleich ein Nackenkissen mitgenommen wie ich es auch während meiner Flüge zum schlafen verwendet hatte und es erwies sich auch im Bus als überaus nützlich da die Sitze zwar hoch sind, aber über keine spezielle Kopfstütze verfügen. So gelang es mir – mal kürzer und mal länger – immer wieder etwas ins Land der Träume zu entkommen, wurde allerdings oft dann wieder geweckt wenn wir irgendwo hielten und der Fahrer die aktuelle Haltestelle über die Lautsprecher verkündete.
Links: Frankfurt Hauptbahnhof (3:02 Uhr) – Rechts: Abfahrt in Hagen (5:52 Uhr)
ZOB Dortmund (6:33 Uhr)
Nachdem wir eigentlich fast schon wieder mehr als nur pünktlich gewesen waren geriet der Bus kurz vor Münster an der Abfahrt in Richtung Westfalenhalle noch mal in einen Stau was noch mal für 15 Minuten Verspätung sorgte,
dennoch erreichten wir bereits um etwa 8:00 Uhr, also eine halbe Stunde früher als auf dem Fahrplan angekündigt, den ZOB Münster der allerdings nicht mehr als ein Parkplatz ist.
Von dort sind es 4-5 Minuten Fußweg bis zum Hauptbahnhof Münster von dem aus man mit den Bussen des Nahverkehrs überall in Münster hin kommen kann. Münster hat weder Straßen- noch S- oder U-Bahn, daher ist der Bus hier das Verkehrsmittel des ÖPNV der Wahl.
Die Kreisfreie Stadt Münster ist mit ca. 317.000 Einwohnern natürlich deutlich kleiner als meine Heimatstadt München, hat durch ihren Status als eine der zehn größten Universitätsstädte Deutschlands mit knapp 65.000 Studenten aus aller Herren Länder einen sehr internationalen Flair und ist dank ihrer zahlreichen historischen Sehenswürdigkeiten auch bei Touristen sehr beliebt. Ich war schon sehr gespannt die Stadt näher kennenzulernen.
Am Hauptbahnhof brauchte ich nur noch auf den nächsten Bus der Linie 10 zu warten und konnte mich damit auf den letzten Teil meiner Reise im Süden des Stadt begeben. Dabei konnte ich u.a. auch aus dem Bus heraus einen kurzen Blick auf den St.-Paulus-Dom werfen.
Einige Haltestellen weiter stieg ich dann aus und ging direkt zur Arbeit. Ganz so fit wie wenn ich in meinem eigenen Bett geschlafen hätte war ich zwar nicht, aber ich sollte den Arbeitstag dennoch ohne Probleme überstehen. Nachtbus ist zwar weiterhin nicht meine erste Wahl beim Reisen, aber wenn es mal günstig sein soll und man die Zeit hat, kann ich diese Art der Fortbewegung durchaus weiter empfehlen. Vorausgesetzt man kann in einem Sitz einigermaßen gut schlafen, aber ich bin da von meinen Economy-Flügen in die Dominikanische Republik deutlich schlimmeres gewöhnt…
welch wundervoller, detaillierter Reisebericht in Wort und Bild
( fehlt nur noch Detail- wann und wo Pinkelpause )
Ich habe die Strecke tatsächlich ohne eine einzige Pinkelpause geschafft, ansonsten hätte ich es bestimmt erwähnt…
Da gab’s doch mal einen Spruch: Wenn Du eine Reise machst, dann kannste was erzählen … 😉
Und man lernt, dass Deutschland doch größer ist, als man so denkt. 😉