Impressionen aus der Lutherstadt Wittenberg [2/2]
Im zweiten Teil meines Berichtes soll es nun um die eigentliche Innenstadt von Wittenberg gehen. Nachdem wir das Auto an der Wallstraße im Süden der Innenstadt abgestellt hatten, wandten wir uns nach Westen der wohl bekanntesten Sehenswürdigkeit der Stadt zu: Der Schloßkirche mit dem daneben gelegenen Schloß. Sie bilden gleichzeitig das westliche Ende der historischen Innenstadt und eignen sich daher gut als Startpunkt für einen kleinen Rundgang. Die Kirche selbst sticht vor allem durch ihre eher ungewöhnliche Kirchturmkonstruktion hervor, welcher mich im ersten Moment eher an einen Wehrturm als an einen Kirchturm erinnerte. Der Turm selbst hat eine Höhe von 88 Metern, auf der Höhe von 52 Metern befindet sich eine Aussichtsplattform, die man über die 289 Stufen zählende Treppe erreichen kann. Der Zugang war zwar geöffnet, aber ich verzichtete auf einen Aufstieg, da ich durch meine Erkältung doch noch etwas angeschlagen war.
Direkt unterhalb der Kirche befinden sich Reste der alten Schloßanlage, die in früherer Zeit wohl auch die lokale Jugendherberge beherbergten. Die Jugendherberge, so erzählte man mir, ist inzwischen in den renovierten, neueren Teil des Schlosses etwas weiter östlich umgezogen.
Den besten Blick auf das eigentliche Kirchgebäude hat man vom Schloßplatz selbst, an dem sich auch die berühmte Thesentür befindet, jener Eingang, an dem von Martin Luther am 31. Oktober 1517 dessen berühmte Thesen angebracht wurden. Die Originaltür ist während des siebenjährigen Krieges verloren gegangen – heute hat ihre Stelle eine bronzene Tür eingenommen, in welche die oben genannten Thesen eingeprägt sind.
Der Schloßstraße folgend begaben wir uns dann in Richtung des Marktplatzes – eine weitere Sehenswürdigkeit dieser Stadt, denn vor dem historischen Rathausgebäude am Marktplatz finden sich zwei Standbilder der bekanntesten Figuren der Reformation: Martin Luther und Philipp Melanchthon. Eines der in Wittenberg wohl neben der Schloßkirche am häufigsten fotografierte Motiv.
Links: Blick vom Markt Richtung Schloßkirche – Rechts: Rathaus mit Markt & Baustelle
Links: Luther-Denkmal – Rechts: Melanchaton-Denkmal
Kurz bevor man von der Schloßkirche kommend den Marktplatz erreicht, sollte man nicht versäumen in in den Cranach-Hof einzubiegen – jenem Hof wo der Künstler Lucas Cranach der Ältere (* 1472 bis † 16. Oktober 1553) sowie dessen Sohn Lucas Cranach der Jüngere(* 4. Oktober 1515 bis † 25. Januar 1586) in den Jahren zwischen 1505 und 1550 gelebt und gewirkt hatte.
Um genau zu sein gibt es zwei „Cranach-Höfe“ in Wittenberg, neben dem oben an der Schloßstraße 1 gelegene Haus gibt es ebenfalls etwas weiter am Markt 4 ein weiteres Gebäude, in dem sich eine solche Einrichtung befindet. Bis zur Belagerung während des siebenjährigen Krieges lebte Cranach hier, zog jedoch nach der Beschädigung des Gebäudes durch diese Belagerung in der weiter westlich gelegene Gebäude um.
Nach dem Markplatz folgt die Collegienstraße, parallel zu dieser im sogenannten Kirchhof findet sich die Wittenberger Stadtkirche, in der sowohl die erste Heilige Messe in deutscher Sprache gehalten wurde, als daß man dort auch das erste Mal das Abendmahl in „beiderlei Gestalt„, also mit Brot und Wein, welches an die Gemeinde ausgegeben wurde, feierte.
Links: Stadtkirche Wittenberg vom Markt gesehen – Rechts: Blick in die Collegiengasse
Links: Frontfassade Stadtkirche – Rechts: Eingang zur Stadtkirche
Neben der Stadtkirche findet man versteckt die Fronleichnamkapelle – eine kleine Kirche, die im Jahre 1368 vom Ratsherrn Konrad Wynmann gestiftet wurde und nach ihrer Zerstörung im Jahre 1468 von Georg Zülsdorf wieder aufgebaut wurde. Bis 1772 nutzte man die Kapelle für Gottesdienste anlässlich Begräbnisse, von 1913 bis 1928 fand man in ihr das Heimatmuseum der Stadt Wittenberg und heute dient sie der Kirchengemeinde als Gebetsraum.
Am westlichen Ende der Stadtkirche findet man am Kirchenschiff noch ein Zeichen mittelalterlichen Antisemitismuses: Die Judensau. Darunter ist am Boden heute aber auch noch ein Mahnmal gegen den Antisemitismus in Form einer großen Bronzeplakette in den Boden eingelassen.
Folgt man der Collegienstraße weiter vom Marktplatz in östlicher Richtung, folgt rechts die alte Universität zu Wittenberg, die zwar seit der Zusammenlegung mit der Universität Halle nach dem Wiener Kongress im Jahre 1814 keinen regulären Lehrbetrieb mehr hat, jedoch Kongresse und Seminare mit ausländischen Studierenden veranstaltet und zum nächsten Wintersemester (soweit ich zu Ohren bekam) als Privatuniversität weiter geführt werden soll.
Auf dem Hof der Universitätsgebäude sind die Namen und Jahre mit den alle deutschsprachigen Universitäten in Stein gemeißelt, die bis zur Eröffnung jener in Wittenberg gegründet wurden. Den Namen der Uni in Jena sucht man jedoch vergebens, denn diese wurde erst nach der Wittenberger Uni im Jahre 1547 gegründet, nachdem Johann Friedrich von Sachsen (genannt „der Großmütige“ – in Jena besser bekannt als „Hanfried“) von Kaiser Karl V. die Kurwürde genommen wurde und dieser somit die Herrschaft über die Universität in Wittenberg verlor. Die damals als „Hohe Schule“ bezeichnete Hochschule in Jena wurde aber erst nach dem Tod Hanfrieds durch Kaiser Ferdinand I. in den Stand einer „echten Universität“ erhoben.
Bleiben wir auf dieser Straße und folgen ihr eine längere Strecke weiter in Richtung Osten, vorbei an verschiedenen Kneipen und Pubs ,erreichen wir das Augusteum mit dem Lutherhaus. Das Augusteum selbst wurde als Erweiterungsbau der Universität Wittenberg errichtet. Betritt man den Innenhof, welcher in früheren Zeiten auch den botanischen Garten der Universität beherbergte, erblickt man das ehemalige Wohnhaus Martin Luthers. In diesem findet sich heute ein umfangreiches Luther-Museum, das wir jedoch nicht besuchte, da uns einfach die Zeit dazu fehlte. Für einen Rundgang darin muß man über eine Stunde einkalkulieren.
Links: Fassade Augusterum – Rechts: Tor zum Innenhof
Links: Innenhof Augusteum – Rechts: Eingang zum Museum im Lutherhaus
Links: Fassade Lutherhaus – Rechts: Luther-Konterfei am Lutherhaus
Es sei an dieser Stelle noch erwähnt, daß zu DDR-Zeiten die meisten historischen Häuser zwar von der Fassade her renoviert waren, die Gebäude selbst jedoch inklusiv ihrer Innenhöfe dem Verfall preis gegeben waren. Die wirkliche, intensive Renovierung aller Häuser fand erst nach der Wende statt. Abseits der Hauptstraßen findet man auch heute hier und da in Wittenberg noch einige Stellen, die noch heute alt und verfallen aussehen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Arsenalplatz ein Stück nördlich des Marktplatzes. An dessen Nordende befindet sich ein altes Hospital der roten Armee, von dem nur noch die Außenmauern zu stehen scheinen, und auch die anderen umgebenden Gebäude, sieht man einmal von der Westseite ab, haben schon bessere Zeiten gesehen. Aktuell wird der Platz selbst als kostenpflichtiger Parkplatz genutzt.
Links: Altes Haus am Rande des Arsenalplatzes – Rechts: Altes Rote Armee Hospital
Links: Arsenalplatz – Rechts: Ruine am Rande des Arsenalplatzes
Zum Abschluß des kleinen Rundgangs durch die Innenstadt Wittenbergs noch einige abschließende Impressionen aus den Haupt- und Seitenstraßen der Stadt.
Links: Haus mit Hirschgeweih – Rechts: ELG Maler
Links: Nummer 11 – Rechts: FlowerPower Wittenberg (neu eröffnet)
Links: Jüdenstraße – Rechts: Altes Mädcheninternat (Unterrichts Anstalt für die weibliche Jugend)
Links: Fassade mit Puppenkopf – Rechts: Nahaufnahme Puppenkopf
Links: Hochwasserstand 1432 – Rechts: Ziegelgebäude mit Hochwasserstand 1432
Und natürlich darf auch die Übersichtskarte nicht fehlen:
Schöner Artikel und sind echt klasse Photos gewurden …