Sharpes Feuerprobe – Bernard Cornwell
Mit Sharpes Feuerprobe (engl. Sharpe’s Tiger) habe ich mein erstes Werk des britischen Schriftstellers Bernard Cornwell verschlungen. Das fast elf Stunden lange Hörbuch, das ich wie meist bei Audible.de erworben hatte und von Torsten Michaelis gesprochen wird, führt den Leser in den Süden Indiens des Jahres 1799, wo die britischen Truppen unter dem Kommando von Oberst Wellington Krieg gegen Tipu Sultan führen und auf die Festung Shrirangapattana marschieren. Richard Sharpe, der Protagonist des Werkes, ist einfacher britischer Soldat – jung, unterbezahlt und ungebildet. Nicht gerade gute Voraussetzungen für einen Helden – gerade weil er auch weder bei seinem direkten Vorgesetzten, den hinterhältigen und brutalen Seargent Hakeswille, noch bei seinem Kompaniechef zu den bevorzugten Soldaten gehört. Als Hakeswille ihm auch noch kurz nach Beginn des Feldzuges eine Falle stellt und er hart bestraft werden soll, scheint sein Schicksal besiegelt. Doch er kann dieser Bestrafung entkommen, indem er sich als Spion und scheinbarer Deserteur in die Festungsstadt Shrirangapattana einschleusen lässt und dort die Verteidigung ausspionieren soll. Begleitet von dem etwas blauäugigen Leutnant Lawford macht er sich auf den Weg in die Festung Tipu Sultans.
Gleich zu Beginn sei erwähnt, dass dieser Roman nichts für feine Gemüter ist, denn Cornwell nimmt was die Brutalität des Krieges angeht wirklich kein Blatt vor den Mund. Da werden Männer bis auf die Knochen ausgepeitscht, von Kanonenkugeln zerfetzt oder mit dem Bajonett erstochen. Die historischen Gegebenheiten erwiesen sich wie ich nach kurzer Einarbeitung in die Thematik der britischen Kriege in Indien als sehr gut recherchiert – was aus meiner Sicht die erste und wichtigste Voraussetzung für jeden historischen Roman ist. Richard Sharpe mit seiner Bauernschläue, aber auch seiner Rücksichtslosigkeit und Brutalität wo es nötig ist wird dem Leser je weiter die Geschichte fortschreitet immer sympathischer. Ich erwähne dass, weil ich ehrlich zugeben musste dass ich nach dem ersten Kapitel etwas Schwierigkeiten hatte, mich mit dem Mann zu identifizieren – denn im Gegensatz zu vielen anderen Werken dieses Genre wird Sharpe hier als durchaus vielschichtige Persönlichkeit mit sowohl guten als auch schlechten Seiten gezeigt. Aber gerade nachdem er dem Drill und den Einschränkungen seiner Kompanie entkommen konnte, zeigt er seine wahren Fähigkeiten. Am sehr positiven Eindruck, den dieses Hörbuch bei mir hinterlassen hat, hängt aber auch mit dem Sprecher Torsten Michaelis zusammen. Ihm gelingt es wunderbar, jedem der einzelnen Charaktere eine wunderbare Nuancierung zu verleihen – auch wenn er am Anfang meiner Meinung nach etwas zu viel Pathos in einige Aussagen steckte. Das ganze hat mir auf jeden Fall Appetit auf mehr Abenteuer von Richard Sharpe gemacht – und Bernard Cornwell hat mit insgesamt 24 Romanen, drei davon spielen in Indien und die restlichen einundzwanzig während der Napoleonischen Kriege in Europa, für viel Lesestoff gesorgt. Leider scheinen erst drei Romane in Audioform erschienen zu sein, doch so etwas hat mich ja auch bei den SPQR-Romanen nicht davon abhalten auch die restlichen Bände zu verschlingen. 😉 Abschließend sei noch anzumerken, dass es sich bei dem 1997 erschienen Sharpes Feuerprobe zwar um den chronologisch ersten Roman der Sharpe-Reihe handelt, Cornwell aber andere Bücher dieser Reihe seit 1981 früher erschienen sind. Mehr dazu gibt diese Übersicht bei Wikipedia. Ich neige aktuell dazu die Romane in chronologischer anstatt in erscheinungstechnischer Reihenfolge zu lesen, das erscheint mir sinnvoller.
Ich freue mich auf jeden Fall schon auf das nächste Abenteuer von Richard Sharpe, das bereits in Audioform auf meinem iPhone bereit liegt.
Meine Wertung: