CDU und die Internetsperren
Scheinen die Alten Männer mit Kugelschreibern doch zu merken, dass ein „Interesse an öffentlicher Diskussion“ zu Netzthemen besteht? Nachdem die „Speichellecker der Lobbys“ (im Volksmund auch CDU/CSU genannt) CDU/CSU zuerst mit großem Tam Tam Internetsperren bei Urheberrrechtsverstößen in ihr Parteiprogramm für die diesjährige Bundestagswahl aufgenommen hatten, machen sie jetzt einen Rückzieher und Motten die Netzguillotine erst einmal wieder ein.
Es dürfte jedoch jedem klar sein, dass es sich hier sozusagen um eine „umgekehrte Wahllüge“ handelt. Sollte CDU/CSU eine Mehrheit im Deutschen Bundestag erlangen, wird sie – das dürfte feststehen – die Netzsperren ganz ohne Frage wieder hervorkramen und von den anderen Internetausdruckern abnicken lassen. Den Rekord mit den von ihnen initialisierten Gesetzen vor dem Bundesverfassungsgericht zu scheitern dürfte diese Partei ja jetzt bereits inne haben. 😉
Im Artikel zum Interview mit Zensurpetitions-Initiatorin Franziska Heyne und Ursula „Zensursula“ von der Leyen, das in der Online-ZEIT zu lesen ist erkennt man schnell. dass Frau von der Leyen gar nicht erkennt worum es in dieser Diskussion wirklich geht. In fast jeder Antwort holt sie das Totschlagargument „Kinderpornographie“ wieder hervor. Wäre sie eine normale Bürgerin und die Regierung würde eine Inhaltskontrolle von allen verschickten Briefen beschließen, weil ja Drohbriefe mit der Post geschickt werden können (die ganze Geschichte gibts beim Fischmarkt.de) würde sie auch aufschreien.
Einen Part aus dieser Diskussion – die ZEIT möge mir Verzeihen – möchte ich mir noch einmal herausgreifen:
Heine: Was ist denn passiert? Da wird ein Gesetz kurz vor Ende der Legislaturperiode durchgepeitscht, ohne dass man auf die Gegenargumente eingeht. Das ist keine Auseinandersetzung. 134.000 Menschen wird signalisiert: Es ist uns egal, was ihr denkt. Aber diese Menschen werden nicht aufhören. Das Netz ist unglaublich politisch. Wir waren in den Ausschüssen, wir waren bei Parteitagen, wir haben mit Politikern geredet. Die Unterzeichner der Petition haben gesehen, wie Entscheidungen in der Politik getroffen werden – und das wird sie nachhaltig prägen.
von der Leyen: Das ist doch etwas Tolles
[…]
Verstehe ich da etwas falsch? Da spricht Franziska Heine darüber, dass man seitens der Politik zwar so getan hat als würde man die Petitionsführer anhören, moniert aber dass die Volksmeinung letztlich einfach ignoriert und das Gesetz trotz des Protestes durchgepeitscht wurde – und Frau von der Leyen findet das „Toll“ ?
Weiter unten schwafelt sie (Zensursula) zwar noch davon, so liefe halt demokratische Meinungsbildung und so eine Petition wäre ja eh mit einem Klick unterschrieben (was falsch ist, da man sich ja erst mit Namen und einer zustellungsfähigen Anschrift registrieren, die Bestätigungsmail abwarten muss und dann erst zustimmen kann) – aber hat eine Onlinepetition deswegen weniger Bedeutung? Ist etwas weil es keine bürokratischen Mühen macht gleich niedriger zu bewerten als sein Offline-Gegenstück? Obwohl ich stark bezweifle, dass die Regierung der Petition mehr Bedeutung zugemessen hätte, hätte man ihr eine Liste mit 134.000 Unterschriften vorgelegt.
Aber zumindest weiß Frau von der Leyen aber das man im Internet klicken muss, dass kann man ihr schon mal zu Gute halten. Scheint einen Computer mit Internetzugang zumindest schon mal aus der Nähe gesehen zu haben. 😉
Man kann an unserem Nachbarland ja sehen wie wenig die Politik von der Volksmeinung hält und gleichzeitig ungefähr abschätzen was uns bevorsteht:
Denn Frankreich hat nach der Verfassungsbeschwerde gegen ihr „Loi Hadopi“ genanntes Internetsperrengesetz – auch dort dürften fast nur Leute im Parlament sitzen, die vom Internet so viel verstehen wie von einer Kuh (Jörg Tauss) – ja auch nicht etwa einen Rückzieher gemacht, Kosmetik betrieben oder das ganze entschärft. Nein! Das wäre ja zu einfach – man hat dazu angesetzt, das Gesetz gleich noch zu verschärfen. Die Contentlobby dort scheint ja wirklich gute Arbeit zu leisten und über ein entsprechendes Finanzpolster zu verfügen.
Schöne neue Welt…. *seufz*
Nachtrag: Ich habe den Artikel umbenannt, da sich viele unter „Loi Hadopi“ wahrscheinlich wenig vorstellen können.