Lake Winnipesaukee und das „Castle in the clouds“ [14.10.2007]
Nachdem ich gestern nun die letzten beiden Berichte vom Samstag online stellen konnte, möchte ich mich heute den Ereignissen vom Sonntag, dem 14. Oktober 2007 zuwenden. Wir hatten beschlossen uns in Richtung Nordwesten zu wenden und den Lake Winnipesaukee zu besuchen. Im Bundesstaat New Hampshire gelegen ist er mit 41km Länge und eine Breite von 16km – das sind 186 km² Grundfläche – der sechstgrößte See in den USA und gehört zusammen mit Squam Lake und dem Newfound Lake zur Seenregion von New Hampshire, zu der insgesamt ca. 1300 Seen und Teiche gehören sollen. Dadurch daß viele Halbinseln in die Seefläche hinein reichen, ist es für den Besucher kaum ersichtlich, daß es sich bei dem wie ein Flickenteppich erscheinenden Seenflächen um ein zusammenhängendes Gewässer handelt. Diese Seenregion ist ein beliebtes Sommerziel vor allem von etwas betuchteren Einheimischen aus Boston und Umgebung, die hier der sommerlichen Hitze entfliehen. Auch der aktuelle Präsident der Vereinigten Staaten, George W. Bush, soll hier ein Ferienhaus haben. Der Name Winnipesaukee stammt aus der Sprache der indianischen Ureinwohner und bedeutet „Lächeln des Großen Geistes“ oder „Schönes Wasser an einem hohen Ort„.
Vor uns lagen jedoch erst einmal eine Fahrtstrecke von 118 Meilen, also ca. 190 Kilometer, die wir zwar größtenteils auf der Interstate 93 North zurücklegen konnten, die jedoch aufgrund der bereits beschriebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen von maximal 65 Meilen pro Stunde (ca. 105km/h) mindestens 2 1/2 Stunden Fahrtzeit in Anspruch nehmen würde.
Glücklicherweise sollte sich der Verkehr in Grenzen halten, so daß wir recht gut voran kamen. Gerade als ich gegenüber meines Begleiters die Theorie geäußert hatte, daß es hier in den USA ja keine Autobahnraststätten wie in Deutschland gäbe, wurde ich eines besseren belehrt. Ein Hinweisschild an der Seite der Interstate wies auf eine Art Raststätte hin. Wir waren bereits über eine Stunde unterwegs und nutzten die Gelegenheit, um dort anzuhalten und uns kurz umzusehen. Eine ungewöhnliche Tatsache bei solchen Raststätten ist das sogenannte „Refreshment Center“ – einem meist neben dem eigentlichen Haupthaus stehendes kleineres Gebäude, in dem man nicht etwa eine Theke mit Bedienung, sondern einfach nur einige Automaten findet, an denen sich der Reisende eisgekühlte Getränke oder einen kleinen Snack ziehen kann.
Im Hauptgebäude selbst finden sich soweit ich sehen konnte nur die Toiletten und, so zumindest hier, eine Touristeninformation. Nach einigen Minuten und einem kurzen Rundgang brachen wir wieder auf. Die Städtenamen wurden je weiter wir fuhren immer „britischer“ – wir passierten Manchester, Canterbury, Webster und Bristol – und weiter im Westen an der Küste gibt es sogar ein Dover. Man merkt doch, wessen Kolonien dies einstmals waren.
In der Höhe von Bristol verließen wir die Interstate 93 und wandten uns in Richtung des Ortes Moultenborough an der nordwestlichen Spitze des Winnipesaukee. Über die schmalen Straßen des ländlichen New Hampshire durchquerten wir die bewaldete Gegend um die westliche Spitze des Sees und durchquerten dabei einige kleine typische amerikanische Städtchen und Dörfer.
Oberhalb von Moultenborough lag unser erstes Ziel, ein Haus in den Bergen, das als „Castle in the Clouds“ bezeichnet wird und von wo aus man einen atemberaubenden Ausblick auf den Lake Winnipesaukee und die ihn umgebenden Wälder haben sollte. Es gibt zwei Wege nach oben – einer davon kann zu Fuß zurückgelegt werden und dauert einige Stunden Wanderzeit, der andere kann mit dem Auto bewältigt werden, ist aber im Gegensatz zum dem Fußmarsch kostenpflichtig. An der Einfahrt zur Bergstraße in Richtung des Castles erreichten wir ein kleines Kassenhäuschen und hielten nach dem Preis ausschau, der wie wir feststellten bei 20 US-Dollar pro Wagen liegen sollte. Ziemlich happig, doch wir entschieden nach einer kurzen Diskussion, mit dem Wagen nach oben zu fahren. Beim Zahlen erhielten wir Aufkleber, die uns den Eintritt ins Haus auf der Spitze garantieren sollte. Wie wir jedoch später erfuhren, waren diese für die „Self-Guided-Tour“ durch das Haus keine Pflicht.
Bevor wir jedoch ganz nach oben gelangen sollten, lagen wie uns die Kassiererin mitteilte noch zwei Stationen vor uns, an denen wir unbedingt anhalten sollten, da der Weg nach unten über einen anderen Weg führen würde. Natürlich hielten wir uns an diesen Hinweis.
Fall of Songs & Bridal Veil Fall
Über eine schmale, sich serpentinenartig windende Straße fuhren wir nun den Berg hinauf und verstanden sofort, warum der Rückweg nicht hier entlang laufen konnte: Der Weg war tatsächlich so schmal, daß gerade ein Auto hier entlang fahren konnte. Nach einigen Windungen erreichten wir schließlich einen kleinen Parkplatz auf der linken Seite des Straße, von dem aus einige Meter weiter ein schmaler Weg in den Wald führte. Diesem folgten wir, nachdem wir den Wagen abgestellt hatten und sahen nach etwa 500m weg erreichten wir eine hölzerne Plattform am Fuß der „Falls of Song“ – einem 15ft. (ca. 4,6m) hohen, im Wald gelegener kleinen Wassefall. Nicht so beeindruckend wie das was ich damals im Yosemite Nationalpark gesehen habe, aber immerhin.
Einzig die Holzplattform störte das Bild etwas – aber der Weg war hier ja nicht zu Ende. Kurz vor dieser Holzplattform zweigte ein Weg ab, der zu einer weiteren Sehenswürdigkeit führen sollte. Neugierig wie wir nun einmal waren, machten wir uns an den etwas steilen aufstieg, um uns auch diesen Part anzusehen.
Keine vierhundert Meter über den steinigen Pfad weiter konnten wir dann einen Blick auf den Fall of Songs von oben werfen, doch hinter einer Feldnase konnten wir auch bereits hinter einer Felsnase den zweiten Wasserfall entdecken.
Zufluß zum „Fall of Songs“
Links: Oberer Bereich des „Fall of Songs“ – Rechts: Sneak Peak zum nächsten Wasserfall
Noch einige hundert Meter konnte ich dann einen direkten Blick auf den Bridal Veil Fall im ganzen werfen.
Weiter oben stieß der Weg dann wieder auf die Straße, so daß wir uns an den Abstieg machen konnten und einige Minuten später wieder am Auto waren.
Blick ins Tal
An einer Kurve einige Windungen weiter bot sich uns dann ein erster Überblick über die Gegend. Jedoch wies uns ein Schild darauf hin daß dies hier kein Parkplatz war und man weiter oben einen bessere Sicht auf das Tal hätte. Verständlich, denn die Kurve war eng und ließ kaum Platz zum Parken. Ein Wagen vor uns war jedoch scheinbar entweder des lesens oder des englischem (oder beidem) nicht mächtig und stand dort mitten in der Kurve. Als wir sich unser Wagen jedoch nährte, setzte er sofort seine Fahrt fort. Etwas weiter oben fanden wir dann die zweite Stelle von der die Kassiererin gesprochen hatte – eine Aussichtsplattform hoch über dem weitläufigen Tal des Lake Winnipesaukee.
Wirklich sehr schön, diese Gegend – es ist verständlich warum es so viele US-Amerikaner vor allem in den Sommermonaten hierher zieht.
Gästehaus
Nachdem wir einige Zeit die Aussicht genossen hatten, machten wir uns auf den weiteren Weg bis zum Gästehaus, dem höchsten Punkt den wir mit dem Auto aus befahren konnten. Nachdem wir den Wagen abgestellt hatten, sahen wir uns kurz in besagtem Gästehaus um. Dieses Gästehaus bietet neben einer kleinen Gastwirtschaft auch eine Terasse, von der man ebenfalls einen sehr schönen Ausblick auf das Tal hat. An dieser Stelle sei erwähnt, daß es hier sehr beliebt ist, seine Hochzeit im Castle in the Clouds zu feiern. Schätzungsweise finden jedes Wochenende während Frühling, Sommer und Herbst mindestens zwei bis drei Hochzeiten hier oben statt. Wir wurden Zeuge eines dieser Brautpaare, die hier unten auf die Weiterfahrt warteten. Glücklicherweise sollten sie erst abfahren, als wir gerade zurück waren – ansonsten wäre es mit der Besichtigung des Hauses ganz oben wohl eher schlecht für uns geworden. Doch dazu gleich mehr.
Zur Weiterfahrt stiegen wir in einen Trolly um, der uns die paar Meter nach oben fuhr und vor dem Haus abladen sollte. Hätten wir wie wir später feststellten auch laufen können, der Weg dauert keine 5 Minuten, aber das wußten wir zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht.
Das „Castle in the clouds“ wurde vom ehemaligen Industriellen Thomas Gustave Plant zwischen 1913 und 1914 erbaut, der Anfang des 20ten Jahrhunderts mit der Herstellung von Schuhen zu großem Reichtum kam und im Jahre 1910 im Alter von 51 Jahren sein komplettes Imperium verkaufte und sich zur Ruhe setzte. Zu seinem Anwesen gehörte neben dem Haus auch noch ein Gelände von 6.300 Acres, was ca. 25,5 Quadratkilometern entspricht und einen großen Teil der umgebenden Berge und des Lake Winnipesaukee umfasste. Leider verlor er sein Vermögen durch Fehlinvestitionen z.B. in zaristisch-russische Anleihen vor der Russischen Revolution und dem Börsencrash von 1920, so daß er das Haus verkaufen mußte und 1941 in einfachen Verhältnissen verstarb. Aber sein Haus zeugt noch heute von seinem damaligen Reichtum.
Nach einer kurzen Einführung durch einen älteren Herren machten wir uns schließlich auf die „Self Guided Tour“ durch das Haus und konnten einen Einblick in die vielen Räume des zweistöckigen Gebäudes bekommen.
Vor dem Haus erstreckt sich eine große Gartenterasse, auf der zum Zeitpunkt als wir dort eintrafen bereits eine große Menge von Stühlen aufgestellt waren – vermutlich für die Hochzeit, deren Vorbereitung wir unten im Gästehaus beobachten konnten. Von hier oben war der Blick natürlich Atemberaubend.
Von hier draußen konnte man natürlich auch besonders gut das Haus selber begutachten, welches wir bisher nur von der schattigen Hinterseite vom betreten gesehen hatten. Ein wirklicher Prachtbau muß ich sagen.
Nachdem wir uns an dem Ausblick satt gesehen hatten machten wir uns auf den Rückweg. Eine kleine Treppe führte von der Terasse zu einem Fußweg, der uns in weniger als 5 Minuten zurück zum Gästehaus brachte. Von hier aus begaben wir uns zurück zum Gästehaus und von dort zurück zum Auto. Gerade als wir das Gästehaus erreichten, traf der dort der Limousinenkonvoi ein, der das Brautpaar wohl hoch zur eigentlichen Hochzeit bringen sollte. Sobald das geschehen war, wäre die Terasse mit Sicherheit für einige Zeit gesperrt gewesen.
Unterhalb des Parkplatzes lag noch eine riesige Wiese mit den dahinter liegenden Wäldern, die sich im diesjährigen Indian Summer bereits leicht rötlich verfärbt hatten. Ein sehr schöner Anblick, der eigentlich ein wenig zum verweilen einlud.
Aber wir mußten leider weiter und fuhren um die Rasenfläche herum zum Ausgang. Unser nächstes Ziel war Wolfeboro, ein kleiner Ort etwas weiter östlich am Seeufer.
Wolfeboro
Über kleine, sich durch die Wälder windenden Straßen fuhren wir also weiter auf unserer Tour, dabei führte teilweise direkt am See entlang.
Als wir den Ort erreichten, war es bereits später Nachmittag. Wolfeboro erwies sich als ein wirklich kleiner Ort, aber trotz Sonntag und der eher ländlichen Gegend waren die Geschäfte hier noch alle geöffnet. Ein Zustand, der in Deutschland heutzutage ja leider noch undenkbar ist.
Nachdem wir den Wagen vor einem Supermarkt abgestellt hatten, begaben wir uns durch einen kleinen Park hindurch direkt hinunter zum See.
Normalerweise geht von hier aus eine Rundfahrt mit der (hier zumindest) recht bekannten „MS Mt. Washington„, einem altertümlichen Dampfer, der in zweieinhalb Stunden die sehenswertesten Punkte auf dem See anfährt. Doch leider waren wir zu spät, um noch an einer solchen Rundfahrt teilnehmen zu können – die Stege hier unten am See waren leider verwaist.
Hat halt nicht sein sollen. Nach kurzer Diskussion entschieden wir uns dazu, uns nun auf den Rückweg zu machen. Nach einiger Fahrtzeit, kurz vor der Interstate 93 nahmen wir noch unser Abendbrot zu uns – dann ging es zurück ins Hotel, was wieder ca. 2 Stunden Fahrtzeit in Anspruch nahm. Aber der Ausblick auf den Lake Winnipesaukee hat die Strapazen (im klimatisierten Mietwagen mit Automatikschaltung 😉 ) natürlich allemal wett gemacht.
Eine wirklich schöne Gegend und ein lohnendes Ausflugsziel (wenn man mal in der Nähe ist)
Ich persönlich finde die Gegend am Lake Tahoe schöner/spektakulärer, aber am Lake Winnipesaukee haben sie eindeutig die malerisch-kreativeren Namen…
Und nicht zu vergessen, die „Rest Area(s)“. Immer eine schöne Abwechslung bei einer Fahrt auf den sonst eher eintönigen US-Interstates. Immer hübsch angelegt und meist auch sehr gepflegt; kein Vergleich mit einem deutsche Autobahnparklatz.
Der Artikel ist, bis auf kleine Unebenheiten, wirklich extrem gut gelungen.
Mit den Unebenheiten sind ein paar Schnitzer im Text und bei den Bildunterschriften gemeint.
Aber sonst super