Bohemia – [2/2] – Pilsen & Chomutov
Wie bereits im vorherigen Post erwähnt führte uns, das sind der von mir sehr geschätzte Herr Gonzo und meine Wenigkeit, unser weiterer Weg von Karlsbad nach Plzeň (Pilsen). Die Strecke führte uns aus Karlsbad heraus, um einen Stausee herum und schließlich durch die ziemlich verneblete Bergstraßen in Richtung Süden.
Nebel auf der Straße in Richtung Pilsen
Die Fahrt war bei Leibe kein Zuckerschlecken, denn nicht nur daß es teilweise sichtweiten unter 100 Meter zu beklagen gab, nein, es tauchten auch immer wieder Fußgänger oder Radfahrer am Rande der Straße auf – mitten im Nirgendwo. All dieser Widerigkeiten zum Trotz erreichten wir nach fast 80km die Randbezirke der Stadt Pilsen, vor allem bekannt durch das angeblich dort erfundene Bier Pilsener Brauart – und ware erstmal etwas ernüchtert. Im Gegensatz zu Karlsbad bot sich der erste Eindruck hier eher als typische Stadt des früheren Ostblockes mit einigen Neuerungen des Westens, welche sich vor allem durch eine ziemlich riesige McDonalds Filiale gleich am Ortseingang manifestierte. Doch als wir in Richtung des Zentrums fuhren, besserte sich das Bild rasch. Am nám Republica, wohl „Platz der Republik“, mit seiner alles beherrschenden Bartholomäuskirche, deren Kirchturm mit 102,3 Metern der höchste Tschechiens ist, parkten wir das Auto und machten uns auf eine erste Erkundungstour.
Ich muß dazu erwähnen daß niemand von uns Beiden jemals zuvor in Pilsen gewesen war, so daß es vollkommen neues Terrain für uns werden sollte. Bald fanden wir ein kleines Café mit dem vielversprechenden Namen „Eurocafé“ und entschieden, dort erst einmal ein koffeinhaltiges Heißgetränk zu uns zu nehmen. War zwar nett eingerichtet, dennoch sprach die junge Bedienung trotz des Namens weder deutsch noch englisch, so daß wir einige Mühe hatten, uns dort etwas zu bestellen. Dabei sei erwähnt daß sie uns bei dem Wort Kaffee zwei Optionen anbot, die eine irgend etwas mit „..presso“ und etwas anderes, daß ich hier leider nicht mehr wiedergeben kann. Ich wählte die …presso Variante und mein Begleiter die andere, die sich dann als ein (in der Tschechei im übrigen gar nicht so unüblichen) Kaffee nach, wie wir sagen „türkischer Art“ – sprich heißes Wasser direkt auf den Kaffee gegeben, herausstellte. Ich wiederum bekam einen Filterkaffee. Wer also kein Kaffepulver im Kaffee mag, sollte immer auf etwas bestehen, das mit …presso endet.
Nach dem Besuch in besagtem Eurokaffee, wo wir uns von einer des Englischen mächtigen anderen Bedienung den Weg hatten weisen lassen, begaben wir uns in eine „Internet Kaverna“ – eine Art Internetladen im zweiten Stockwerk eines bereits älteren Gebäudes, mieteten einen der dortigen PCs (WLAN war nicht möglich, daher mußten wir unsere mitgebrachten Notebooks eingepackt lassen) und nutzen Google, um uns erst einmal ein paar Infos und mögliche Unterkunftsmöglichkeiten in Pilsen zu besorgen. Mit diesen Infos machten wir uns wieder auf den Weg, beschlossen aber vorher noch in einigen Hotels nach den Preisen zu fragen. Da sich jedoch alle als zu Teuer für unser kleines Budget herausstellten und wir auch irgendwie keine anderen Pensionen fanden, suchten wir schließlich die im Internet ergoogelte Pension Antica auf und mieteten uns dort für umgerechnet 25 Euro (ohne Frühstück) für die Nacht ein. Die Wirtin, eine ältere Tschechin, sprach zwar kaum deutsch geschweige denn englisch, dennoch konnten wir schnell mit ihr Handeleinig werden.
Schließlich holten wir das Auto vom Markplatz, luden unser Gepäck ab und machten erst einmal eine kleine Pause in unseren Zimmern, die wirklich nichts besonderes waren, jedoch über Satelliten-TV (u.a. mit deutschen Sendern) und – wie wir leider erst viel zu spät als wir gerade wieder aufbrechen wollten feststellten – über Internetzugang in Form eines herumliegenden RJ45 Ethernetkabels verfügten.
An dieser Stelle sei noch erwähnt: Die Wirtin in ihrem gebrochenen Deutsch hatte irgend etwas von „Tzaptzarap“ und deutschen Autos erzählt – daher war mir von diesem Zeitpunkt an bereits etwas mulmig und ich befürchtete, daß man in mein kleines Jabbamobil einbrechen oder es gar stehlen könne. Eine Befürchtung, die sich zum Glück als unbegründet herausstellte – aber bei den vielen Geschichten die man hört erschienen solche Befürchtungen im osteuropäischen Ausland durchaus nicht von der Hand zu weisen.
Bevor es dann wieder nach draußen ging, ging es dann erst einmal zum Abendbrot in die an die Pension angeschlossene Pizzeria. “ Da fahren die Beiden nach Tschechien und essen Italienisch.“, mögen jetzt einige denken – nun ja. Mag komisch klingen, dennoch hatte es sich gelohnt. Beide entschieden wir uns für eine Calzone und (natürlich) ein lokales Bier Pilsener Brauart.
Entgegen dessen was ich von hier gewohnt bin, stellte sich die Calzone als ein Stück gefüllten Teiges mit einem Klecks Käse obenauf heraus.
Pizza Calzone aus der Pizzeria in der Pension Antica
Gefüllt war das ganze mit einer durch Pepperonischoten ziemlich scharfen Füllung – sehr sehr lecker muß ich hier mal sagen, auch wenn ich eine Calzone eher als komplett überbackene Klapp-Pizza gewohnt bin. 😉
Schließlich machten wir uns wieder auf den Weg, um das Nachtleben von Pilsen etwas zu erkundigen. Hierzu sei bereits im Vorraus zu erwähnen, daß dieser Ort im Gegensatz zu Karlsbad nicht unbedingt eine Touristenstadt ist, vor allem nicht Anfang Januar. Dennoch waren wir frohen Mutes etwas passendes zu finden und begaben uns auf die Suche. Extrem viele Bars und Kneipen waren so genannte „Herna Bars“ – scheinbar so etwas wie eine Spielhalle mit Kneipenbetrieb. Nichts für uns – aber trotzdem fanden wir einige nette Lokaliäten und suchten nach einer kleinen Bestandsaufnahme im Vorraus einen Irish Pub mit Namen „Zachs Pub„, der in einem kleinen Hinterhof in der Straße Kollerova gelegen war.
Zach’s Pub – Pilsen
Nicht daß man nach Tschechien fahren müsste, um einen Irish Pub zu besuchen, dennoch stellte sich unsere Wahl als sehr gut heraus, denn wir nahmen hier Kontakt zu einem der Einheimischen auf, der uns (in fast akzentfreiem und fließendem englisch) einige Tipps für den weitere Abend gab. Des weiteren erfuhren wir, daß die Pilsener Uni eine Partnerschaft mit der Jenenser besitzt.
Nächster Anlaufpunkt war ein Jazzclub in einem Keller, der sich jedoch als zu überfüllt herausstellte, so daß wir schnell weiter zogen. Ich will das ganze jetzt hier nicht zu sehr ausdehnen, neben besagtem Jazzclub seien aber vor allem noch der „21 Club“ erwähnt und empfohlen, der sich in der selben Straße, Prokopova genannt, befindet wie unsere Pension.
Am nächsten Morgen checkten wir kurz vor 10.00 Uhr aus der Pension auf und begaben uns zum Frühstück ins Café Mastanska Besada Café an der Straße Smetanovy sady am Rande eines kleinen Parkes.
Park in der Innenstadt von Pilsen
Links: Standbild von Martinu Kopeckému – Rechts : Wetterstation(?)
Häuserfront des Café Mastanska Besada – Pilsen
Wir hatten dieses bereits am Vortag entdeckt und es schon zu diesem Zeitpunkt als perfekten Ort für unser Frühstück auerkoren. Alleine das Innere des Cafés ist den Besuch wert und die Preise sind, wie überall in Tschechien, sehr annehmbar.
Nach einem ausgedehnten Frühstück und einige Tassen Kaffee später machten wir uns dann wieder auf die Straße und verließen Pilsen.
Über Karlsbad fuhren in Richtung Chomutov, wo wir dann noch einmal kurz Rast machten. Chomutov (Komotau) selbst erschien mir persönlich eher eine Industriestadt, die vor allem durch den Braunkohletagebau, mindestens zwei große Kraftwerke und vielen Plattenbauten geprägt wird.
Leider fehlte uns die Zeit, hier noch die Innenstadt zu besichtigen – daher kann ich nicht sagen ob sich der Besuch dort lohnt. Erwähnen möchte ich noch unseren Besuch bei einem der vielen Marktstände zwischen Chomutov und der Grenze. Diese sind beherrscht von Vietnamesen, die neben Zigaretten auch (gefälschte?) Markenkleidung zu Dumpingpreisen verkaufen. Na ja, Zigaretten kann man sich ja mal eine Stange mitnehmen, aber mir erschienen diese Leute eher unsympathisch, gerade weil sie ihre Kunden zum Kauf weiterer Waren zu nötigen versuchten.
Über den Grenzübergang Reitzenhain südlich von Karl-Marx-Stadt Chemnitz erreichten wir schließlich wieder die Bundesrepublik.
Grenzübergang Reitzenhain
Als kleines Fazit muß ich sagen: Ein wirklich interessanter Besuch unseres südöstlichen Nachbarlandes – könnte man durchaus öfters machen. Gerade weil die Entfernung ja nun wirklich nicht so riesig ist. Landschaftlich glichen die von uns besuchten Gebiete zwar in weiten Teilen den deutschen Mittelgebirgen, aber gerade die Städte und Dörfer mit sind nicht nur architektonisch reizvoll.
Chomutov war mal eine Zeit lang regelmäßig in der (deutschen) Presse, da dort die Klau-/Aufbruch-Rate deutscher Autos sehr hoch (gewesen?) sein soll. M.W. ist dieser Ort einer der von grenznah wohnenden Deutschen am häufigsten frequentierte Billigeinkaufsort.
Bei unseren Tagesausflüge in die Tschechei nach Karlsbad kam natürlich auch die Frage des sicheren Parkplatzes auf. Natürlich kann man annehmen, dass ein bewachter Parkplatz sicherer ist; aber etwas Bargeld aus dieser „Branche“ lässt viele Parkwächter „ein Nickerchen halten“. So park(t)en wir immer am Grandhotel „Pupp“, da davon auszugehen ist, dass dort nichts zu befürchten ist; sonst würden all die deutschen Gäste nicht mehr kommen.
Thema Russen in Karlsbad: Ab dem Frühjahr zur Kursaison ist es noch auffälliger; vermute mal, dass es für Russen der „angenehmste“ „westliche“(EU)Kurort ist (man spricht russisch, viele Landsleute, etc.)
In der Tat ist dies Nachbarland immer mal einen kleinen Ausflug wert – Die Fahrtkosten kan man ja u.U. durch günstigeres Benzin/Großeinkäufe im Supermarkt ausgleichen. – Für das Frühjahr steht bei uns ein Ausflug nachBöhmen (Karlsbad bis Prag) fest auf dem Plan…
Hallo Chomutov und die ganze Region ist immer mal einen Besuch wert. Leider sind gerade in diesen Randgebieten viele Zigeuner von den Tschechen nach den Krieg angesiedelt worden, so das es wirklich schon zu Problemen mit den Auto kommen kann.